Erstellt von Daniel Mohr am 26. Januar 2010
In den letzten Tagen ist ja in diversen Medien darüber schon berichtet worden (mit teilweise haarsträubend polemischen Kommentaren):
Die Stadt Siegen hat sich mal wieder überlegt, wie man sich zum Affen der Nation machen kann, in dem man völlig Sinnbefreit eine funktionierende Regelung möglichst radikal kappt, damit möglichst alle unzufrieden sind.
Diesmal haben sie sich die verkaufsoffene Sonntage herausgesucht.
Dem Rat ist es freigestellt, bis zu vier verkaufsoffene Sonntage pro Jahr zu genehmigen. Davon wurde schon in der Vergangenheit recht eingeschränkt Gebrauch gemacht, meist waren es zwei verkaufsoffene Sonntage pro „Bezirk“ (Einkaufszentrum/Gebiet). Heißt: 2mal Siegen Stadt, 2mal Geisweid, 2mal Weidenau, 2mal Eiserfeld (letztes Jahr hatte Niederschelden auch einen, ich weiß gerade nicht, ob die mit Eiserfeld zusammen gehören oder nochmal separat genehmigt wurden). Daraus folgt: jeder Angestellte in einem Geschäft mußte bis zu 2mal im Jahr Sonntags arbeiten, weil ja das Geschäft nicht einfach zum nächsten verkaufsoffenen Sonntag in einen anderen Stadtteil ziehen kann.
Eine wahrlich erschreckende Zahl: wenn man mal eine Krankenschwester fragt, wieviel Sonntage sie so im Jahr arbeiten muß, ich denke da kommt mehr als Zwei bei heraus…….
ALLE (und das meine ich wirklich so) im Einzelhandel beschäftigte, die ich kenne, haben wenig bis gar kein Problem damit, das auf sich zu nehmen und diese Sonntage zu arbeiten (im Gegensatz dazu ist das neuerdings moderne „Mitternachtsshopping“ sehr unbeliebt, das heißt nämlich für einzelne Samstag von 9.00 Uhr bis 24.00 Uhr arbeiten, weil das anders organisatorisch gar nicht machbar ist, weil die kleinen Läden die Leute am Samstag mittag alle brauchen).
So, nun hat sich der Schlachmichtot-Ausschuss überlegt: wir brauchen keinen Verkaufsoffenen Sonntag, damit es nicht ganz so peinlich wird, erlauben wir einen verkaufsoffenen Sonntag zum NRW-Tag in ganz Siegen. (bisher ein Vorschlag,entscheiden tut der Rat, dies ist noch nicht geschehen)
Super Idee. Der NRW-Tag findet in der Innenstadt statt, da lohnt es sich wahrscheinlich für jeden Laden in Geisweid und Niederschelden wahnsinnig, den ganzen Tag zu öffnen.
Auf diese Tour werden aber ganz andere Sachen zerstört: das überaus beliebte Bürgerfest in Geisweid wird dann nämlich in der bisherigen Form nicht mehr stattfinden. Die Händler haben sicherlich kein Interesse, ein Bühnenprogramm zu finanzieren, wenn sie die Geschäfte nicht öffnen dürfen. Die Vereine haben die finanziellen Mittel dafür nicht. Die Vereine haben aber auch keine Lust, in einem wenig belebten Zentrum zu stehen, weil die Hälfte der Attraktionen fehlt. Folge -> eine jahrelang vorbildliche Kooperation von Geschäftsleuten und Vereinen im Ort wird torpediert.
Völlig unnötig wird von der bisher bestehenden Regelung abgewichen, ohne das sich irgendwelche Gedanken dazu gemacht werden. Das scheinheilige Argument des „Schutz der Familie“ ist völliger Blödsinn, dann verbietet doch lieber mal, das die Leute ständig Samstags bis zu 15 Stunden arbeiten müssen, weil da ist der Sonntag dann erst recht im Eimer.
Man KÖNNTE ja noch darüber diskutieren, ob jeder Stadtteil nur noch einen verkaufsoffenen Sonntag bekommt, und noch ein gemeinsamer, an dem ALLE dürfen (auch wenn ich mir jetzt Feinde mache: der zweite verkaufsoffene Sonntag [meist Anfang Juni] in Geisweid ist meines Erachtens nicht der Renner und entbehrlich].
Aber hier haben einige Leute wieder ganz starken Profilierungsdrang und wollen direkt die Oase in Deutschland werden, wo der Sonntag noch heilig ist. Dumm nur, das das in Deutschland keinen interessieren wird, im Gegenteil, kommen halt noch ein paar Hessen weniger zu Besuch. [btw.: was machen wir denn am 1. November, bzw. was machen die, die in Siegen wohnen und in Hessen arbeiten? Richtig: arbeiten, am heiligen Feiertag….. Da fragt auch keiner, warum sie denn nicht bei der Famile bleiben, die ja frei haben….].
So, und nun wollen wir die Profilierungabteilung mal auf den Boden der Realität zurück holen:
Fahrt doch mal die B62 ein wenig nach Osten….. Noch bevor ihr NRW verlasst, kommt ihr in Bad Laasphe am obigen Rewe vorbei. Nebenan wird also 36mal im Jahr sonntags geöffnet. Offensichtlich überleben die Angestellten das, sie waren zumindest recht freundlich bei meinem Besuch.
Nicht das ich das unbedingt gutheißen will, aber auch kein Vorwurf an den Händler, weil der öffnet nicht Sonntag, weil er das darf, sondern das muss sich auch rechnen. Der Shopblogger macht ja auch nicht 6 Tage die Woche 24 Stunden auf, damit er mehr zu schreiben hat, sondern weil es sich lohnt!
Lieber Rat der Stadt Siegen: überlegt euch wirklich gut, was ihr da anrichtet. Nur als toller Freund irgendwelcher christlichen Gruppierungen dazustehen (die wahrscheinlich noch nicht mal mehr die Mehrheit der Bevölkerung von Siegen repräsentieren) ist es nicht wert, die bestehenden Strukturen so zu torpedieren.
Update: es gibt eine Stellungnahme der Geisweider Vereine, die ich natürlich genauso mit unterstütze. Ich hoffe noch, das die Werbegemeinschaft Geisweid sich noch äußert.