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Petition gegen Zensur im Internet

Erstellt von Daniel Mohr am Samstag 9. Mai 2009

Wie einige ja aus den Medien schon mitbekommen haben, gibt es derzeit eine Online-Petition gegen die Zensur im Internet. Wer sich ein wenig auskennt, wurde durch zahlreiche einschlägige Seiten schon informiert.

Ich veröffentliche mal noch eine Version für technisch weniger versierte.
Folgender Text stammt aus dem heise.de-Forum vom User Caupno:

Was ist eine DNS-Sperre? Nun, im Grunde ist das Internet wie Telefon
– eigentlich hat jeder, den man erreichen will, eine Nummer, aber die
kann ja nicht jeder im Kopf behalten. Darum gibt es im Internet sowas
wie Telefonbücher, in denen zu jeder Webseite auf der Welt die
Telefonnummer (IP-Adresse) steht. Diese Telefonbücher werden aber
nicht an die Internetbenutzer ausgeteilt, weil sie dazu viel zu groß
wären. Stattdessen gibt es Rechner, auf denen diese Telefonbücher
gespeichert sind, und wenn ich nun die Nummer einer Webseite, sagen
wir die von der ARD aufrufen will, frage ich diesen Rechner nach der
Nummer der Seite. Solche Rechner heißen DNS-Server. Das macht aber
mein „Internetprogramm“ (Browser) automatisch. Ich gebe also nur
www.ard.de ein, und mein Browser fragt in dem Telefonbuch, das mein
Internetanbieter (z.B. T-Online) hat, die Nummer der Seite nach
(195.145.147.56).

Was die „Kinderpornosperre“ nun macht, ist, in diesem Telefonbuch für
bestimmte Seiten nicht die Nummer der Seite herauszusuchen, sondern
die einer anderen Seite, auf der ein Stoppschild angezeigt wird (beim
Telefonieren würde ich jetzt eine freundliche weibliche
Automatenstimme hören, die sagt „Sie haben einen Teilnehmer
angerufen, der verbotene Sachen sagt. Darum stellen wir den Anruf
nicht durch“). Diese Sperren würden natürlich nur für deutsche
Telefonbücher funktionieren, weil nur hier deutsche Gesetze gelten.
Wenn ich also nicht die Auskunft von T-Online, sondern eine andere
Auskunft, beispielsweise in , um die Nummer
bitte, würde mir diese die Nummer natürlich weiterhin geben.

Besser wäre es doch, dafür zu sorgen, dass der Teilnehmer, der
verbotene Sachen sagt, einfach sein Telefon weggenommen bekäme, also
seine Webseite gelöscht würde. Da man die Seite und die Adresse
kennt, ist dies ganz einfach zu erreichen, und ebenso leicht kann man
den Betreiber der Seite dann anzeigen. All dies passiert aber nicht
durch Internetsperren. Durch Internetsperren können wir nämlich nur
nicht mehr sehen, was der Mann ins Internet stellt, da ist es aber
immer noch, und für jeden, der ein anderes Telefonbuch verwendet,
auch einsehbar. Internetsperren sind, wie sich die Finger in die
Ohren zu stecken und laut „LA LA LA LA LA LAAAAA“ zu singen, wenn wir
aus versehen jemand angerufen haben, der uns verbotene Sachen
erzählt.

Es kommt noch hinzu, dass die Liste der Nummern mit verbotenem Inhalt
natürlich geheim bleiben muss, weil sonst ja alle genau wüssten, wo
sie diese verbotenen Inhalte fänden und diese mit Telefonbüchern aus
dem Ausland erreichen könnten. Darum weiß auch niemand vorher, ob er
versucht, eine Webseite abzufragen, die verboten ist. Und wie schnell
man landet, wo man gar nicht hin will, sieht man, wenn man z.B.
einfach mal die Seite www.witze.de aufruft, weil man mal kurz was zu
Lachen brauchte. Und manchmal vertippt man sich auch – oder man
klickt auf einen Link und landet auf einer Seite, auf die man gar
nicht hinwollte, weil man kurz nicht aufgepasst hat.

Bei einer geheimen Liste ist es aber auch möglich, ganz andere
Webseiten als solche, die Kinderpornographie enthalten mit darauf zu
setzen. Es würde sich ja auch keiner beschweren, weil dann müsste er
ja zugeben, dass er gerade ein Stoppschild gezeigt bekommen hat, weil
er versucht hat, eine kinderpornographische Seite aufzurufen. Das
wird übrigens auch schon gefordert, so sind ausländische
Glücksspielseiten im Gespräch, und solche Seiten, auf denen man
Kinofilme und Musik herunterladen kann (illegal, versteht sich).

Ein weiterer Schritt, und auch darüber ist schon geredet worden, ist
es, zu überwachen, wer auf diese Stoppschilder umgeleitet wird und
dann den Namen und die Adresse von dieser Person an die Behörden
weiterzuleiten, weil jemand, der sich Kinderpornographie ansehen
möchte, natürlich ein Pädophiler ist, vor dem die Gesellschaft
beschützt werden muss. Und wenn er dort landet, weil er die falsche
Adresse eingegeben (ich sag nur „Witze“…) hat oder sich einfach nur
vertippt hat, dann hat er ja nichts zu befürchten, wenn die Polizei
sein Haus oder seine Wohnung durchsucht und seine Computer, CDs und
DVDs mitnimmt zu sehen, ob er darauf Kinderpornographie hat. Es
bleibt nur zu hoffen, dass das die Nachbarn oder der Arbeitgeber
nicht mitbekommen, weil wer will schon einen neben sich wohnen oder
für sich arbeiten haben, der in dem Verdacht steht, sich Kinderpornos
anzusehen? Er sollte natürlich besser auch keine Kinder haben, denn
es ist fraglich, was so ein Jugendamt sagt, wenn eines der Eltern
unter Kinderpornographieverdacht steht. Und vielleicht hat er dann
sogar Fotos gemacht, auf denen seine Kinder gar nichts anhaben, weil
sie z.B. gerade gebadet werden oder so. (Ja, Mama, solche, wie die in
dem Album „Der kleine Nicklas 0-1 Jahr“, die der Papa gemacht hat,
weil er damals bei jeder Gelegenheit die Kamera auf mich gehalten
hat, weil er so glücklich war über seinen kleinen Sohn.)

Aber selbst, wenn man sich nicht vertippt und nur die richtigen
Seiten besucht, kann man auf diesen Seiten landen, nämlich durch
E-Mails. Ja genau. Die, die Du so magst, mit den bunten, beweglichen
Bildchen. Es ist nämlich genauso leicht, mit einer E-Mail eine
Internetadresse anzuzeigen wie bunte, hüpfende Bildchen, und wenn
jetzt bei den vielen Spam-Mails, die man so über die Woche bekommt,
welche dabei sind, die auf eine Stoppschildseite verweisen, dann hat
man ja eine Stoppschildseite angesurft, und weil wir die ja
überwachen wollen, um die Leute zu fangen, die Kinderpornos gut
finden ist man dann gleich mit Namen und Adresse bei der Polizei
gemeldet.

(Ja, liebe Mama, und deswegen habe ich diese Petition unterzeichnet.)

Diesen Text fand ich so treffend, das ich es gar nicht mehr neu beschreiben muß, sondern mir erlaube, dies hier zu veröffentlichen und die gesparte Zeit mit Gesprächen über das Thema verbringe.

Wer übrigens Fragen hat, darf sich gerne an mich wenden.

Mehr Informationen auch hier: Stopp-Seite
Direkt zur Petition: hier entlang (auch wenn schon über 60.000 unterzeichnet haben und damit genug, damit die Antragstellerin angehört wird: es können gar nicht genug unterschreiben).

Schön fand ich übrigens auch den Kommentar von foobar:

Sieht man einmal von den ganzen anderen Problemen ab, so ist die Wahl
des Stop-Schildes doch bemerkenswert bizarr. Wollte Ursula uns etwa
in der Nachfolge der Hofnarren auf unterbewußte Art mitteilen, daß
sogar sie selbst ihre Aktion als vollkommen wirkungslos einschätzt?
Schließlich steht das Stop-Schild im Straßenverkehr keineswegs für
ein Verbot in eine Straße hineinzufahren. Es besagt nur, daß andere
Vorfahrt haben. Besser hätte man das Symbol gar nicht auswählen
können: Der Zugriff auf Kinderpornografie wird nicht verhindert,
Kindesmißbrauch wird nicht verhindert. Otto-Normalverbraucher muß
draußen warten, die Kinderschänder haben Vorfahrt.